petrolhead vs. electric-vehicle-fan

Stimmt es wirklich? Kann ein Elektroauto mit der Raffinerie-Prozess-Energie genauso weit fahren wie ein Benziner mit dem Endprodukt der Raffinerie, dem Benzin? Diese Frage haben wir heute in unserer whatsapp Elektro Stammtisch Gruppe kontrovers diskutiert.

Vor ca. 6 Monaten habe ich das folgende Video zum ersten Mal gesehen. Mit den Zahlen zum Stromverbrauch von Raffinerien, die letzmalig 2005 von der EU veröffentlicht wurden, hatte ich mir damals ausgerechnet, das ein Liter Benzin ca. 1,8 kWh an Energie benötigt um raffineriert zu werden. Es war eine aufwendige Rechnung mit vielen möglichen Fehlerquellen. Laut http://spritmonitor.de ist der Durchschnittsverbrauch für ein Fahrzeug der Golf Klasse 7,5 Liter pro 100km. Nach Adam Riese und Eva Zwerg werden also zusätzlich zum Sprit ca. 13,5kWh Strom benötigt um ein solches fossiles Fahrzeug anzutreiben. Nur mit dem Strom alleine kann ich mit dem Nissan Leaf, wenn auch langsam, ebenfalls 100 Kilometer rein elektrisch zurücklegen. Darauf hin habe ich den blauen Aufkleber an meinem Auto in Auftrag gegeben und angebracht. Dies war meine erste Auseinandersetzung mit diesem Thema.

Heute habe ich aufgrund einer hitzigen Diskussion nun eine weitere Berechnungsvorschrift ins Rennen geworfen, die auch von dem Otto-Normal-Versteher nachgerechnet werden kann. Ohne 12 Nullen und so. Dann wurden aber 100%tige, Nörgler, Lobbyisten und Petrolheads wach und ich musste Rede und Antwort stehen, da man die Zahlen doch sehr weitläufig interpretieren kann, wie das Beispiel weiter unten zeigt.

Die Fakten:

https://de.wikipedia.org/wiki/Erdölraffinerie

https://de.wikipedia.org/wiki/Energie

Die Zahlen:

Heizwert Benzin: 7,99-8,99kWh/Liter

Eigenverbrauch Raffinerie je nach Weiterverarbeitungsgrad 4-10%

Mengenanteil Benzin 24%

Die Berechnung des petrolhead:

Der petrolhead argumentiert, das die 24% Benzinanteil am output der Raffinerie keine Rolle spielt, da es ja nur das Verhältnis der Endprodukte ist. Deswegen werde ja die Eigenverbrauchsenergie pro Masseanteil nicht weniger.

Also 7,99kWh/Liter * 4% Eigenverbrauch = 0,31kWh/Liter Raffinerie-Prozess-Energie

Die Berechnung des ev-fan:

Der ev-fan argumentiert, das die 24% Benzinanteil sehr wohl eine Rolle spielt, da ja um einen Liter Benzin zu erhalten 4,17 Liter Rohöl verarbeitet werden müssen.

Also 8,99kWh/Liter * 10% Eigenverbrauch / 24% Mengenanteil = 3,75 kWh/Liter Raffinerie-Prozess-Energie

Die Bewertung:

Die Ergebnisse unterscheiden sich je nach Rechenweg um den Faktor 12 (in Worten: zwölf). Wer Recht hat will ich hier gar nicht ausdiskutieren. Ich sage nur: Glaubt bitte keiner Statistik die Ihr nicht selber gefälscht habt.

Ein Mathematiker würde vielleicht den Mittelwert bilden und so die Raffinerie-Prozess-Energie mit 2,03 kWh/Liter abschätzen, womit ein elektrische Fahrzeug der Golf Klasse dann rechnerische 15,2kWh für 100km zur Verfügung hätte, um nur mit der Raffinerie-Prozess-Energie zu fahren. Der Mathematiker würde aber nicht verschweigen, das die Standardabweichung mit 1,72kWh/Liter sehr hoch ist.

Mein Resümee:

Persönlich schließe ich mich den Ergebnissen des Instituts für angewandte eMobilität an.

http://institut.chayns.net/aboutus

Deren Webseite übrigens äußersten interessant ist und von denen ich ganz frech folgendes Zitat kopiert habe:

„Über den Daumen“ lässt sich aber sagen, dass die Herstellung von Treibstoff für 100 km Strecke genauso viel Strom benötigt, wie ein vergleichbares Elektroauto für die gleiche Distanz verbraucht.

Und natürlich Kapitän Blaubär, denn der hat immer Recht:

Die Schlussfolgerung:

Warum ist mir die Klärung dieser Frage einen Blog wert? Ganz einfach: Bei jeder Gelegenheit versucht die Öl-Lobby die Verbraucher einzuschüchtern und fragt: „Wo soll der ganze Strom für die elektrischen Autos denn herkommen?“ Die richtige Antwort ist erschreckend: Wir werden mit Elektro Autos weniger Strom verbrauchen als ohne!!!

Wieso denn das nun wieder?

Ich habe in diesem Blog drei unabhängige Quellen aufgezeigt, die die Eingangs aufgestellte Behauptung belegen. „Kann ein Elektroauto mit der Raffinerie-Prozess-Energie genauso weit fahren wie ein Benziner mit dem Endprodukt der Raffinerie, dem Benzin?“ Ja es kann!

Zitat des Instituts für angewandte eMobilität:

„Um das Erdöl aus der Erde zu bekommen und zur Raffinerie zu transportieren, muss ebenfalls sehr viel fossile Energie aufgewendet werden. Von der Raffinerie „in den Tank“ dann auch noch mal.“ 

Somit braucht ein Fossilauto mehr (Kohle/Atom-) Strom als ein E-Auto….

Und da muss ich (mal wieder) meinen Hut ziehen vor Elon Musk dem Gründer von Tesla Motors. Er sagt frei übersetzt:

„Wir hätten genug Elektrizität für elektrische Autos, wenn wir einfach aufhören würden Öl zu raffinieren.“

Die Industrie und die Politik weiß das und zittert. Wir zahlen jede Menge Steuern, Abgaben, Umlagen und Entgelte auf Öl und Strom, das weiß jeder. Was die wenigsten wissen ist, das man heute seinen eigenen Strom inklusive Speicher und allem drum und dran schon für 9 Cent / kWh selber herstellen kann. Die Leid tragenden sind die Politik, die Netz Betreiber, die Kraftwerks Betreiber und die Auto und Zulieferer Industrie, kurz die Lobbyisten. Die Umwelt, die eigene Gesundheit und den eigenen Geldbeutel freuts.

just my 2 cents

P.S.: Und wenn wir die Elektro-Auto-Batterien endlich als Speicher nutzen würden, könnten wir das Süd-Link Projekt auch gleich noch beerdigen. Eine neue Strom Trasse braucht dann niemand mehr. Stichwort „bi-direktionales Laden“.

(Ergänzung 12.10.2017) P.P.S.: Mittlerweile habe ich Quelle 4 + 5 zusammengetragen. Kurtl Sigl vom Bundesverband eMobilität (BEM) gibt den Strom Bedarf in seinen Reden mit 1,2kWh pro Liter Raffinat an:

In diesem Video von JP Performance ist von 1,4kWh die Rede:

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